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Mit List das Richtige tun?

1. Februar 2018

Der Nobel-Preis-Gewinner 2017 für Wirtschaftswissenschaften, Richard Thaler, hat in seinem 2008 mit Cass Sunstein verfassten Buch Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt, eine Formel auf den Punkt gebracht, die „ … andere dazu bewegt, die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ Denn, so das Cover, „Menschen verhalten sich von Natur aus nicht rational. Nur mit einer Portion List können sie dazu gebracht werden, vernünftig zu handeln.“ Unter Nudging versteht er die Methode, das Verhalten durch kleine subliminale Schubser oder Anstöße auf vorhersagbare Weise zu beeinflussen. 

Wie steht ein systemischer NLP-Coach zum Nudging? Ist Nudging eine Methode, die auch im Coaching gezielt genutzt werden kann? Das hängt von einer zentralen Voraussetzung ab: Systemisches Coaching mit NLP stellt Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit in den Mittelpunkt. Die Ziele des Klienten entscheiden darüber, wohin die Coaching-Reise geht.

Wer aber menschliches Verhalten als von Natur aus nicht rational einstuft und aus diesem Grund auf List setzt, entmündigt den Klienten und sprengt die Rolle des Coachs. Wenn Coach und Klient sich nicht auf Augenhöhe begegnen, sind Nudging-Methoden tatsächlich herablassend und manipulativ. Denn der Coach entscheidet dann nach seinen Maßstäben, was gut für den Klienten ist.

Den Werterahmen des systemischen Coachings vorausgesetzt, kann Nudging als Oberbegriff für Methoden, die mit dem Unbewussten arbeiten, durchaus eine Rolle spielen. Und genau genommen nutzt der Coach sie bereits. Wann immer er ein Thema des Klienten sprachlich neu rahmt und in einen erweiterten, verengten oder neuen Kontext stellt, schubst er seinen Klienten in eine neue Richtung. Wann immer er bewusst hypnotische Sprache gebraucht und dabei zum Beispiel positive Vorannahmen und metaphorische Vergleiche einflicht, liefert er subliminale Anstöße. Gleiches gilt zum Beispiel auch für die NLP-Anker-Technik.

Beim Einsatz dieser Methoden sollte der entscheidende Unterschied jedoch immer darin liegen, dass der Klient, nicht der Coach, über die Klugheit seiner Entscheidungen urteilen kann. Denn der Coach steht im Dienste der Selbstorganisation des Klienten. Er hat die Aufgabe, den vorab klar formulierten Arbeits-Auftrag zu erfüllen. Wenn nicht, erübrigt sich der Coach.