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Neurowissen in die Praxis transferieren

13. April 2018

gruppe

Wie funktionieren Lernen und Verändern? Was müssen Coachs und Trainer über das Gehirn wissen, um nachhaltige Wirkungen in Lern- und Veränderungsprozessen zu erzielen? Welche Erklärungsmetaphern, Methoden und Herangehensweisen bewähren sich aus neurobiologischer Sicht? In ihrem Buch Neurodidaktik für Trainer geben die Coachs sowie Trainer Franz Hütter und Sandra Mareike Lang praktisch umsetzbar Hinweise für alle, die ihr Know-how gezielter weitergeben wollen.

Eine zentrale Erkenntnis: Die starre Trennung zwischen Training als Wissensvermittlung und Coaching sowie Supervision als Erlebnisraum zur Selbsterfahrung und Selbstentwicklung ist aus neurobiologischer Perspektive wenig sinnvoll. Denn Lernen funktioniert dann am besten, wenn Menschen Wissen, Erleben und Emotionen unmittelbar und am besten bewegt verknüpfen können. Training als Einüben von Verhaltensweisen, die dann im Alltag automatisch abgerufen werden können, hat ohnehin ausgedient.

Viel wichtiger, so auch der Neurobiologie Gerald Hüther, ist die Förderung unserer Fähigkeit, aus Konditionierungen auszusteigen und unsere Selbststeuerung zu stärken. Das aber setzt die Arbeit mit Werten voraus. Während unser Bewusstsein unseren subcorticalen Programmierungen aus der Vergangenheit ausgeliefert ist, fördert das Reflektieren von Wertekritierien mit Hilfe des Präfontalcortex die Orientierung an einer selbstgestalteten Zukunft. NLP-Anwender erkennen hier das Prinzip der logischen Ebenen wieder.

Hütter und Lang machen es sich auch zur Aufgabe, den sogenannten Neuro-Bullshit zu enttarnen. Neuro-Bullshit Nr. 1: Unser Gehirn nutzt nur 10 Prozent seines Potenzials. Auch viele Metaphern zum Gehirn führen in die Irre. So ist der Hirnstamm nicht wirklich das Reptiliengehirn des Menschen. Eine weitere wichtige Leistung der Autoren: Sie untersuchen alle standardmäßig in Trainings verwendeten Modelle auf ihre neurowissenschaftliche Tragfähigkeit. Die Hypnose beispielsweise erweist sich als ausgesprochen nützlicher Zugang, um Menschen zur Veränderung anzuregen und Kreativität zu stimulieren.

Zuguterletzt geben Hütter und Lang eine Ausblick auf die Trainingstrends, die die Zukunft bestimmen werden. Das Lernen höherer Ordnung, das sich am Reifegrad einer Persönlichkeit orientiert, wird wohl zukünftig prägend sein: Achtsamkeitsansätze und spielerische Methoden verbinden sich dabei mit dem digital vernetzten, selbstverantwortlich gesteuerten Lernen.

 

Das Gehirn trainieren

1. Oktober 2014

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Wer sind wir? Haben wir von Beginn unseres Lebens an einen Charakter, festgelegt durch Gene und erste, frühkindliche Erfahrungen? Kommen wir mit Persönlichkeitsstrukturen zur Welt, die nur noch in einem begrenzten Rahmen veränderbar sind? Der Psychologe und Neurophysiologe Niels Birbaumer spricht stattdessen in seinem Buch Dein Gehirn weiss mehr, als Du denkst von der „schier unbegrenzte[n] Formbarkeit des Gehirns.“

Seine Überzeugung: Das Gehirn ist gleichgültig. Es lebt keinen bei unserer Zeugung angelegten charakterlichen Plan. Stattdessen ist es von Anfang unseres Lebens an darauf ausgerichtet, erwünschte und belohnende Effekte zu erzielen. Verändern sich die Belohungsstrukturen, verändert sich auch das Gehirn. Es lernt dann bereitwillig und noch bis ins hohe Alter um. Nur wenige unserer Anlagen hält Birbaumer für festgelegt und unveränderbar.

Seine Schlussfolgerung: Wir haben einen großen Einfluss auf unser Denken. Wir sind nicht das Opfer einer stabilen, nur wenig formbaren Persönlichkeit. Stattdessen bilden wir unsere Persönlichkeit  und unsere Fähigkeiten täglich in Auseinandersetzung mit der Umwelt heraus. Wie ein Muskel lässt sich das Gehirn trainieren.

Als einen Weg zu diesem Ziel stellt er das Neurofeedbacktraining vor. Ein Training, das ermöglicht, Hirnvorgänge selbst zu kontrollieren. Sogar bei Krankheiten wie ADHS, Parkinson oder Demenz hat sich diese Methode bewehrt. Eine Ermunterung auch für alle Gesunden, die in ihrem Leben neue Wege gehen wollen.

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