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Online-Coaching-Qualität erzeugen

15. Oktober 2021

Online-Coaching gibt es schon viele Jahre. Doch ein breites Interesse an Online-Coaching-Methoden hat erst die Corona-Pandemie gebracht. Denn viele Coachs konnten sich bis zu diesem Punkt nicht vorstellen, mit den reduzierten Möglichkeiten des Bildschirms optimal auf Klientenanliegen einzugehen. Vor allem die eingeschränkte körpersprachliche Wahrnehmung erschien ihnen als relevantes Hindernis. Das frisch auf den Markt gekommene Praxisbuch Online-Coaching von Cora Besser-Siegmund et. al. stellt daher den sogenannte Humanonline-Faktor in den Mittelpunkt.

„Humanonline“ im Sinne der Autoren bedeutet, Klienten über körpersprachliche Inputs und Signale so zu mobilisieren, dass sie Verbindungen mit ihren Neuroressourcen herstellen können. Ohne diese Mobilisierung findet zwar auch ein Austausch von Worten und Ideen zwischen Klient und Coach statt. Der neurologische Aktivierungsgrad diese Kommunikation und die damit verbundene Langzeitaktivierung ist jedoch gering. Die Autoren empfehlen Online-Coachs vor allem, Bewegung in das Online-Coaching einzubauen sowie die von ihnen beschriebenen Open Mind Helper einzusetzen.

Open Mind Helper sind zum einen die bewussten Augenbewegungen, wie sie im wingwave-Coaching genutzt werden. Zum anderen gehören zum Beispiel Klopfübungen wie die Vagus-Stimulation mittels eines leichten Beklopfens des Brustbeins dazu. Bei allen Aktivitäten sollte die Kamera so eingestellt sein, dass die Kopf-, Schulter- und Armbewegungen des Klienten gut zu sehen sind. Es bewährt sich außerdem beim Online-Coaching, den Handlungsrahmen über den Bildschirmrand hinaus bewusst zu erweitern. Wenn Coachs zum Beispiel bewusste Augenbewegungen zur Ressourcenförderung einsetzen, dann helfen Klebepunkte im Raum des Klienten, das Blickfeld weiträumig zu öffnen.

Aber auch die Wahl der Sprache entscheidet mit darüber, ob Klienten am Bildschirm optimal involviert werden können. Wird Sprache gezielt eingesetzt, lassen sich online die gleichen Effekte erzielen wie in Präsenz. Das gilt für das Erzeugen von Trance bzw. das Durchführen von Hypnosen. Das gilt ebenso für alle Fragemethoden sowie Reframings und die Nutzung von Ankerwörter und anderen Buzzwords zur Aktivierung.

In die Sprache des erfahrenden NLP-Coachs übersetzt, bietet das Praxisbuch Online-Coaching allerdings nicht allzu viel Neues. Denn selbstverständlich ist „humanonline“ nur eine neue Umschreibung für Pacing und Rapport. Und auch viele Ideen speisen sich aus dem aus der analogen Arbeit bekannten Dienstleistungsspektrum der Autoren. Doch wer sich für die neurobiologischen Hintergründe von Coaching-Techniken interessiert, finde in diesem Buch viele aktuelle Anregungen.

Coaching face-to-face oder medial?

27. November 2017

Die Digitalisierung fördert, so der Tenor der Kienbaum Studie Future Management Development 2017, den Coaching-Bedarf. Zugleich macht sie aber auch vor Coaching selbst nicht halt. Daher ist es an der Zeit zu fragen, ob Online-Coaching aus der Warte eines systemischen NLP-Coachs die gleiche Qualität wie Präsenz-Coaching haben kann. Denn Körpersprache bzw. nonverbale Kommunikation trägt nicht nur enorm zum guten Kontaktaufbau und Verständnis zwischen Coach und Klient bei. Sie ist auch ein entscheidender Wirkfaktor im Coaching.

In der Kommunikationswissenschaft geht man davon aus, dass kommunikative Wirkung nur etwa zu einem Zehntel auf dem gesprochenen Wort beruht. Das entscheidendere Gewicht kommen der Körpersprache mit etwa fünf Zehnteln und der Stimmqualität mit vier  Zehnteln zu. Der Face-to-Face-Austausch ohne Medienbeschränkung schafft daher ganz offensichtlich die besten Bedingungen für gelungene Kommunikation auf allen Sinneskanälen. Doch NLP-Anwender wissen auch, dass individuelle Sinnesvorlieben die Erreichbarkeit eines Menschen auf einem spezifischen Sinneskanals erleichtern können. Was bedeutet das für den Nutzen der verschiedenen Online-Coaching-Formen?

Online-Coaching – ein breites Feld
Online-Coaching, auch E-Coaching, Virtuelles Coaching oder Digitales Coaching genannt, umfasst verschiedene Technologien, die kombinierbar sind. Klassiker ist das Telefonieren, die parallele Kommunikation über die Stimme. Videotelefonie ergänzt den verbalen Austausch noch durch ein Bild, ohne allerdings den gesamten Körper einfangen zu können. Desweiteren gibt es asynchrone digitale Austauschformen unter Verzicht auf Wort und Bild. Dazu gehören das Chat-Coaching über Messenger-Dienste, das E-Mail-Coaching und das SMS-Coaching.

Videocoaching – größte Sinnesvielfalt
Die Frage nach der Qualität von Online-Coaching kann also ganz offensichtlich keine pauschale Beantwortung finden. Am stärksten vergleichbar mit einem Präsenz-Coaching ist das Videocoaching. Coach und Klienten können, wenn auch mit Einschränkungen, körpersprachlich kommunizieren. Systemische NLP-Coachs müssen allerdings komplett auf den Einsatz räumlich-kinästhetischer Coaching-Formate wie beispielsweise auf eine Timelinearbeit mit Bodenankern verzichten. Videocoaching bleibt so tendenziell rationaler und dissoziierter als ein Coaching Face-to-Face.

Telefoncoaching – auditive Spezialisierung
Telefoncoaching kommt Klienten sowie Coachs mit einer auditiven Sinnesvorliebe entgegen. Die Beschränkung auf einen Sinneskanal erhöht bei ihnen oft sogar den Rapport und die Konzentration. Möchte ein stark auditiver Klient aber seine Kommuniktionskompetenz im sozialen Miteinander verbessern, ist ganz offensichtlich auch bei ihm das Telefon nicht das Medium der Wahl. Stark visuelle Klienten empfinden das Telefoncoaching im Vergleich zum Videocoaching im Allgemeinen als große Beschneidung.

E-Mail- und Chat-Coaching – hohes Reflexionspotenzial
E-Mail- und Chat- sowie SMS-Coaching beruhen allein auf dem geschriebenen Wort. Die Kommunikation zwischen Klient und Coach bleibt eingeschränkt auf den geistigen Austausch. Es ist daher die rational-dissoziierteste Online-Coaching-Form bzw. die Form, die am stärksten auf eine emotional-kinästhetische Komponente verzichten muss. Ihr größter Vorzug, die Schaffung eines intensiven Reflexionsraums, kann daher in Abhängigkeit zur Fragestellung auch ihr größter Nachteil sein.

Coaching-Qualität – auch eine Frage des Kontexts
Qualität im Coaching hängt ganz offensichtlich von einer Vielzahl von Faktoren ab, die es in Balance zu halten gilt. Ein Präsenz-Coaching bietet im Allgemeinen die besten Bedingungen für den Coaching-Erfolg, weil es ein ganzheitliches, alle Sinne des Menschen ansprechendes Vorgehen erlaubt. Die Begegnung von Mensch zu Mensch ist in ihrer Wirkung nicht durch Medien zu ersetzen. Doch zeitliche und finanzielle Faktoren sowie bestimmte Sinnesvorlieben und Themenstellungen lassen es gelegentlich sinnvoll erscheinen, ein Präsenz-Coaching durch digitale Methoden zu ergänzen.

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