Archive for the 'Coachee & Coaching-Nutzen' Category

Worte, die wirken

14. Mai 2024

Mit Worten Wunder bewirken? Das ist das Programm der vom Psychologen Willem Lammers begründeten Logosynthese. In seinem Buch Selbstcoaching mit Logosynthese führt er anschaulich und praktisch in die Grundlagen der Veränderungsarbeit mit seiner Methode ein. Es gelingt ihm elegant und kompakt, Laien die neurobiologischen Hintergründe beim Verändern mentaler, emotionaler sowie physischer Zustände zu vermitteln und sie mit seinem Handwerkszeug zu kompetenten Selbstentwicklern zu machen.

Die Logosynthese integriert Aspekte aus dem NLP, der Hypnotherapie sowie der Transaktionsanalyse und der Energetischen Psychologie. In den Mittelpunkt stellt sie dabei den griechische Begriff Logos, der sowohl für das Wort als auch den Sinn sowie das geistige Vermögen und die Vernunft steht. Logos wiederum ist eng verwandt mit dem, was Lammers die Essenz nennt, das wahre Wesen des Menschen, das seiner Auffassung nach nicht verloren gehen, sondern nur vergessen werden kann.

Die Essenz ist das, was den Menschen über seinen Körper, seinen Geist und seine Erfahrungen und Erlebnisse hinaus zu einem einzigartigen Individuum macht. Logosynthese zielt darauf, das Bewusstsein des Menschen über seine Essenz wiedererlangen zu lassen. Denn diese ist den meisten von uns im Verlaufe unserer Sozialsierung durch Verinnerlichung fremder Konzepte und Abspaltung eigener Energien verloren gegangen.

Durch Logosynthese kann sich der Menschen wieder mit seiner Essenz verbinden. Und drei einfache Sätze helfen ihm dabei, sich von dem zu lösen, was nicht zu einem selbst gehört:

  • Ich nehme all meine Energie, die gebunden ist an mein Thema, an den richtigen Ort in mir selbst zurück.
  • Ich entferne alle Fremdenergie im Zusammenhang mit diesem Thema aus allen meinen Zellen, aus meinem Körper und aus meinem persönlichen Raum und schicke sie dorthin zurück, wo sie wirklich hingehört.
  • Ich nehme alle meine Energie, die gebunden ist in allen meinen Reaktionen auf dieses Thema an den richtigen Ort in mir selbst zurück.

Die Essenz ist selbstverständlich nur eine Idee, kein beweisbares Konzept. Doch bei der mental-emotionalen Selbstorganisation und Herausbildung sowie Stärkung der eigenen Identität erweist sie sich von großem Nutzen. Denn die Überzeugung von der Existenz einer eigenen Essenz erleichtert es, sich von Gedanken und Emotionen zu lösen, die behindernd und einschränkend sind.

Ego-States im NLP

4. April 2024

In seinem Buch Integratives Ego-State-Coaching mit emTrace stellt der Trainer und Coach Dirk Eilert seinen Ansatz zur Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen vor. Auch wenn die verwendete Begriffswelt eine neue Methodik suggeriert, handelt es sich bei den von ihm beschriebenen Konzepten im Kern um die klassischen NLP-Ideen zur Teilearbeit. Der systematische Aufbau und die Verweise auf relevante aktuelle Erkenntnisse der Neurobiologie machen das Buch aber lesenswert.

Das NLP-Teilemodell geht davon aus, dass der Mensch aus unendlich vielen Teilen besteht, zum Beispiel aus Körper, Seele und Geist. Bei der Teilearbeit geht es darum, eine Kommunikation zwischen den unbewussten Teilen herzustellen, die in Spannung zu bewussten Teilen stehen. Eilert differenziert dieses Konzept durch die Aufteilung in ressourcereiche, verletzte und destruktiv-verletzende Persönlichkeitsanteile, die Ego-States genannt werden. Da diese, wie man heute weiß, in jeweils unterschiedlichen neuronalen Netzwerken gespeichert sind, wissen die Teile oft nur wenig oder nichts voneinander.

Der Wechsel eines Mensch von einem Teile-Zustand oder Ego-State in einen anderen geht daher – von außen sichtbar – oft mit einem kompletten Physiologiewechsel einher. So gibt es jüngere verletzte Persönlichkeitsanteile oder Ego-States, die nicht von den Lernerfahrungen anderer Ego-States ein und derselben Person profitieren können. Der eigene Selbstwert beispielsweise kann je nach aktiviertem Ego-State anders wahrgenommen werden.

Für den Coaching-Erfolg spielt der Appell an die ressourcereichen Persönlichkeitsanteile des Klienten eine bedeutsame Rolle. Sie stabilisieren den Gesamtzustand und ermöglichen, mutige Schritte in eine neue Richtung zu gehen. Hier erweist sich auch die Wirksamkeit des NLP-Modelings. Denn im Außen wahrgenommene Positivmodelle können zu ressourcestarken inneren Mentoren werden. Eilert nennt das den „Batman-Effekt“. Er empfiehlt – klassisch NLP-isch – ressourcereiche Ansteile stark assoziiert zu erleben, während bei ressourcearmen eine dissoziierte innere Haltung hilfreich ist.

NLP-Methoden wie die Change-History-Timeline, der Re-Imprint, das Six-Step-Reframing und die Core Transformation erweisen sich als besonders hilfreich, um die jüngeren verletzten Persönlichkeitsanteile mit erwachsenen Ego-States neuronal zusammenzuschalten und in die Gesamtpersönlichkeit zu integrieren. Eilert arbeitet außerdem mit Brain-Spotting und mentalen Aufstellungen. Begleitend setzt er Emotionsregulations-Techniken wie Klopfinterventionen, Schultertapping (wie aus wingwave bekannt) und mentale Aktivierungen, zum Beispiel durch Rückwärtszählen, ein.

Wer als Anwender wissen will, warum die klassischen NLP-Methoden so erfolgreich sind, findet in diesem Buch eine Fülle an nützlichen Hinweisen. Wer sich dagegen das integrative Ego-State-Coaching mit emTrace per Buch erschließen will, wird einige Mühe damit haben. Die Arbeit mit den von Eilert aufgeführten destruktiv-verletzenden Persönlichkeitsanteilen, dies sei zum Schluss noch erwähnt, gehört selbstverständlich nicht in die Hände von Coachs.

Wieso eigentlich Life Coaching?

29. Februar 2024

Als systemische-ganzheitlicher Coach fragt man sich: Was genau ist eigentlich Life Coaching? Und ist Coaching im Business-Umfeld der Gegenbegriff zum Life Coaching? Oder hängt es von den Zielgruppen ab, ob sich ein Coaching als Life Coaching qualifiziert? Scannt man die Medien und Social Media-Kanäle, gibt es nicht nur sehr unterschiedliche, sondern auch widersprüchliche Antworten darauf. Da Life Coaching in der Öffentlichkeit vieldiskutiert und durchaus umstritten ist, lohnt sich ein Blick auf diese Fragen.

Im einfachsten Sinne unterscheidet sich das Life Coaching von anderen Coaching-Formen durch den Fokus auf das Privatleben von Menschen. Selbstzahler stellen naturgemäß ihre persönliche Entwicklung in den Mittelpunkt. Systemisch-ganzheitlich gedacht, lassen sich dabei die beruflichen Aspekte ihrer Persönlichkeit nicht ignorieren. Der Sinn eines Coachings ergibt sich ja gerade aus einer erweiterten Sichtweise, die Themen aus alten „Schubladen“ holt. Der Inhalt des Coachings kann also nicht der zentrale Unterschied zwischen Life und Business Coaching sein.

Wenn nicht das Thema entscheidet, ist dann Life Coaching die Bezeichnung für ein Selbstzahler-Produkt, während Business Coaching als B2B-Leistung verstanden werden darf? Diese Begriffsabgrenzung klingt sinnvoll. Für viele leitet sich jedoch daraus ab, dass ein Business Coaching die Persönlichkeitsentwicklung ausspart. Ein vom Arbeitgeber bezahltes Coaching sollte natürlich kein reines Goody sein, sondern eine Leistung, die der beruflichen Performance dient. Doch genauso wenig wie Life Coaching in der Regel ohne die Berufswelt funktioniert, kann Business Coaching aus systemischer Warte ohne die private Seite des Klienten gelingen.

Daraus ergibt sich der nächste Punkt: Für den systemischen NLP-Coach versteht sich die ganzheitliche Sicht auf den Menschen von selbst. Doch die Diskussion um das Stichwort Life Coaching offenbart, dass es stark davon abweichende methodische Ansätze gibt. Auf das, was für viele Life Coachs die Definition von Coaching ausmacht, nämlich die Beratung von Menschen, verzichten systemische Coachs ganz. Denn ihr Ziel ist die lösungs- und zukunftsorientiert Selbstorganiation. Um Klienten nicht in Abhängigkeiten zu bringen, fördern sie konsequent die Selbstführung und machen sich durch ihre Dienstleistung möglichst schnell überflüssig.

Die Fähigkeit zur Förderung der Selbstorganisation erwerben Coachs in einem intensiven Training. Sie durchlaufen eine fundierte Ausbildung, die psychologische und kommunikative Skills umfasst und auch die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit einschließt. Das breite methodische Instrumentarium, das systemischen Coachs nutzen, hat sich seit Jahrzehnten auch im therapeutischen Umfeld bewährt.

Hier schließt sich der Kreis: Life Coaching als Beratung im privaten Umfeld ist kein klar abgegrenztes Konzept, sondern ein Mode-Marketing-Begriff. Vielen reicht es sogar, selbst persönliche Krisen bewältigt zu haben, um als Coach vor Menschen zu treten. Ein Life Coach kann auf beliebiger Werte- und Methodengrundlage agieren und sein Rollenverständnis selbst entwickeln. So gibt es Life Coachs, die in Zweier-Settings coachen, aber auch solche, die im Guru-Stil ein paar Tausend Menschen von der Bühne aus mit Affirmationen und Tipps versorgen. Life Coaching wird so zu allem, wofür es gerade keinen attraktiveren Namen gibt.

Versteht man Coaching dagegen in Abgrenzung zur Beratung als Begleitung bei der Selbstorganisation, dann kommt dem Coach ein klar umrissenes Rollenbild zu: Als geschulter Begleiter von Einzelne und Teams geht er immer individuell und persönlich vor. Den Coaching-Prozess führt er nicht auf der Inhaltsebene, sondern als Prozess-Verantwortlicher. Seine Methode setzt er ein, um dem Klienten die Selbstklärung zu ermöglichen und sein Vertrauen in die eigenen Kompetenzen zu stärken.

Fazit: In der Öffentlichkeit existieren neben dem seriösen Coaching, für das hier beispielhaft das systemische NLP-Coaching genannt wurde, Life Coaching-Konzepte, die sich zum Teil aus dem Bereich der Küchenpsychologie nähren. Daher empfiehlt sich ein kritischer Umgang mit dem, was Coaching und insbesondere Life Coaching heißt. Viele Medienbeiträge tragen leider nicht zur Differenzierung bei, sondern werfen seriöse Coachs in einen Topf mit Bühnen-Gurus. Umso erfreulicher, dass im Bereich des Business Coachings zwischen Kunden und Anbietern weitgehend Klarheit über die Qualität fundierter Coachings herrscht.

Gut orientiert mit der Führungslandkarte

6. September 2023

Insbesondere Newcomer in der Führung suchen nach Orientierung, um in die neue Rolle schnell hineinzuwachsen und der Komplexität der Führungsaufgaben jenseits von Modetrends gerecht zu werden. Für systemisch interessierte Führungskräfte gibt es einen hervorragenden Leitfaden, der durch den „Dschungel der Führung“ lotst: die Führungslandkarte bzw. Leadership Map von Ruth Seliger. Sie versteht sich als Navigationssystem durch die vielfältigen Herausforderungen, vor denen Führungskräfte stehen.

Die Leadership Map, dargestellt in der Form eines Dreiecks, markiert drei zentrale Pole des Führens: Einer dieser Pole ist die Führungs-Praxis, die traditionell in der Führungsdiskussion im Mittelpunkt steht. Sie gliedert sich wiederum in die drei Pole Selbstführung, Menschenführung und Organisationsführung auf. Sich selbst führen bedeutet, fähig zur steten Selbstreflexion und Selbstorganisation zu sein. Auf der Grundlage guter Selbstführung entwickelt sich auch die Fähigkeit, Menschen mittels Kommunikation so zu führen, dass sie sich an die Organisation mit ihren Zielen gebunden fühlen. Die Organisation führen wiederum bedeutet, Entscheidungen zu treffen, vor deren Hintergrund sie sich zukunftsgerecht entwickeln kann. 

Den zweite Pol der Führung markiert das Führen als Profession. Professionalität, so Ruth Seliger, beschreibt die Qualitätsstandards dieses Berufs. Dazu gehört zuallererst Wissen bzw. Theorie, denn Theorie beantwortet die Frage „Warum mache ich das?“. Auf dieser Basis fällt es auch leichter, Rollenklarheit als zweitem Aspekt der Professionalität zu gewinnen. Sie gibt eine Antwort auf die Frage „Wer bin ich hier? Was soll bzw. was darf ich tun?„. Zur Professionalität gehören natürlich auch Instrumente wie zum Beispiel Mitarbeitergespräche oder andere kommunikative Tools zur Mitarbeiterführung. Sie beantworten die Frage „Wie mache ich es?“.

Der dritte Pol beschreibt die Führung als Prozess und klärt, mit welchen aufeinanderfolgenden Schritten Führung langfristig erfolgreich sein kann. Denn Führung in komplexen Systemen bedeutet, trotz stetigem Wandel und wechselnden Herausforderungen auf Kurs zu bleiben und Ziele zu erreichen. Die drei Pole Wachsamkeit, Wertschätzung und Wirksamkeit markieren für Ruth Seliger die zentralen Aspekte dieser Aufgabe. Wachsamkeit bezeichnet die konzentrierte Aufmerksamkeit, mit der Führungskräfte die Lage wahrnehmen und einschätzen. Wertschätzung beschreibt die Fähigkeit, Ressourcen im System zu erkennen. Wirksamkeit besteht im Mut zu handeln und Veränderungen im gewünschten Sinne vorzunehmen.

Was steht im Zentrum der drei Dreicke, die zusammen die Führungslandkarte bilden? Im Sinne der von Ruth Seliger vertretenen Positiven Führung sind es die Prinzipien Freude, Stärke und Sinn. Denn ohne diese drei Pole wird es langfristig nur unter Mühen und nicht zuletzt mit Druck gelingen, Menschen für die Ziele der Organisation zu mobilisieren und zu binden.

Geschichten als Vehikel für mobiles Bewusstsein

24. April 2023

„Menschen zeichnen sich durch ein mobiles Bewusstsein aus, mit dem sie sich an alle möglichen Orte und in alle möglichen Situationen versetzen können.“ Genau diese Fähigkeit, sich mental nicht nur in der Gegenwart, sondern in verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten aufzuhalten, und sich in andere hineinzuversetzen, macht den Menschen einzigartig. Anlass für Fritz Breithaupt, Professor für Kognitionswissenschaften und Germanistik, sich intensiver mit dem Narrativen Gehirn zu befassen:

Das Geschichtenerzählen, so seine Argumentation, ist nicht nur unterhaltsames Beiwerk unseres Lebens, sondern eine integrale Qualität des Verstandes. Weil wir uns mit Geschichten befassen, müssen wir nicht alle Erfahrungen selber machen, sondern können in einem empathischen Akt der Co-Erfahrung mit den Protagonisten der Geschichten lernen. Durch das Weitererzählen und Tradieren von Geschichten entwickeln wir zudem eine stabile mentale Umwelt, in der wir uns sicher bewegen können. Geschichten begründen Gruppen-Idenitäten und stiften Kultur.

Geschichten erlauben außerdem, probezuhandeln, vielseitige Perspektiven einzunehmen und multiversional zu denken. Denn die Spannung in Geschichten lebt von verschiedenesten Blickwinkeln und Sichtweisen, die erst am Ende „ausverhandelt“ sind. Demzufolge enden gute Geschichte immer mit einer emotionalen Quintessenz. Dieses Gefühl erlebt das Gehirn gewissermaßen als Belohnung und ankert den damit verbundenen Lerneffekt. Geschichten finden daher immer wieder Einsatz nicht nur in therapeutischen oder pädagogischen Kontexten, sondern auch im Marketing.

Nicht nur der Emotionsanker zum Abschluss macht Geschichten besonders merkfähig. Weil Geschichten eine Ordnung in den unendlichen Zeitfluss bringen und Ereignisse in einen kohärenten, kausal nachvollziehbaren Zusammenhang stellen, lassen sie sich leicht erinnern und dann auch weitererzählen. Darin unterscheidet sich narratives Denken vom kausal-analytischen Denken oder anderen Denkformen wie dem Denken in Tagträumen und Bildern, die diese Vorzug nicht in der gleichen Art und Weise bieten.

Geschichten thematisieren darüber hinaus manchmal menschliche oder gesellschaftliche Phänomene, bevor diese wissenschaftlich auf die Agenda kommen. So wurde die Theorie des psychologischen Traumas inklusive des Krankheitsbildes der Posttraumatischen Belastungsstörung nicht zuerst in der Medizin, sondern in der Literatur entwickelt. Denn Geschichten erlauben es durch ihren narrativen Spannungsbogen, besser mit Traumata umzugehen. Die erlösenden Emotionen am Ende einer Narration sind, so Fritz Breithaupt, wie eine „… Karotte, der wir nachjagen, wenn wir uns in einen narrativen Strang begeben“.

Manipulation in der Kommunikation

3. Februar 2023

Dass mit Kommunikation manipuliert werden kann, ist ein Allgemeinplatz. Doch was genau ist eigentlich Manipulation? Gibt es „manipulative Methoden“? Oder hängt Manipulation von der inneren Haltung und Zielsetzung des Kommunikators ab?

Manipulation bedeutet im Wortsinne „Handhabung“ und kann sich in diesem Sinne auf handwerkliche und technische Methoden beziehen. Manipulation steht zum Beispiel in der Medizin für manuelle Methoden, mit denen Blockaden gelöst werden können. Es gibt jedoch eine weitere Bedeutung, die sich auf den psycho-sozialen und politischen Raum bezieht. Manipulation ist dann laut Wikipedia die gezielte und verdeckte Einflussnahme zur Steuerung des Erlebens und Verhaltens anderer, die diesen verborgen bleiben soll.

Doch was genau bedeutet Manipulation in der Kommunikation, und wann genau wird ein Gespräch manipulativ? Da ist eine komplexere Fragestellung, als zunächt zu vermuten ist. Denn sie suggeriert die Möglichkeit, manipulative von nichtmanipulativer Kommunikation klar zu trennen. Doch die Dinge liegen komplizierter: Denn im erstgenannten Sinne ist Kommunikation immer Manipulation, nämlich das Unterfangen, mit Hilfe von (Körper-)Sprache beim Gegenüber gewünschte Wirkungen zu erzeugen. Dafür treten wir nicht nur im Verkauf und im Büro oder der Schule, sondern auch in privaten Beziehungen an. Wir müssen und wollen uns kommunikativ vertreten, um unsere Interessen zu wahren und im Sinne unserer Ziele voranzukommen.

Dieser Prozess der Selbstvertretung und Einflussnahme ist natürlich wechselseitig. Alle an einer Kommunikation Beteiligten vertreten sich selbst, wenn der ein oder andere dabei auch wirksamer agiert und (Körper-)Sprache (un-)bewusst besser zu nutzen weiß. Embodied Communication, das (neuro-)biologisch verkörperte Wesen der Kommunikation, macht uns alle zu „Manipulatoren“ unserer Umwelt: Wir tragen gute oder schlechte Laune in einen Raum, durch (körper-)sprachliches (Des-)Interesse werten wir Menschen auf oder ab und durch unsere Stimmqualität säen wir Verbindlichkeit oder Zweifel in Gesprächen.

Ist es auch Manipulation im zweiten Sinne des Wortes, wenn ich meine gute oder schlechte Laune in eine Gemeinschaft trage, anstatt mich zu beherrschen? Was genau macht den Unterschied zwischen der Kulturtechnik des menschlichen Austausches und der bewussten Manipulation zu den eigenen Gunsten aus? Die Grenzen sind fließend. Denn schließlich beschäftigen sich ganze Berufszweige wie Werbe- und PR-Agenturen auf legaler Basis damit, das Erleben und Verhalten von Menschen mit wirksamen Methoden zu beeinflußen. Selbst Wissenschaftler empfehlen zum Beispiel das Nudging, eine Methode, um subliminal Einfluss auf das Verhalten von Menschen zu nehmen.

Den Unterschied machen also offensichtlich nicht die Methoden, sondern die Billigung der Folgen eigener Kommunikationen aus. Ein guter systemischer NLP-Coach beispielsweise nutzt sein Wissen um die Kommunikation dazu, die Selbstregulation seiner Klientin zu fördern. So gesehen, ist er ein kommunikativ gut geschulter Manipulator zur Förderung der Eigenverantwortlichkeit seiner Klientin. Zwar kann die Klientin die Methoden des Coachs nicht alle „durchschauen“. Doch im besten Fall sollten die langfristigen Auswirkungen sie von deren Nutzen in ihrem Leben überzeugen. Ein guter Coach ist daher auch immer bereit, mögliche ungünstige Auswirkungen seiner „Manipulation“ zu erkennen und aufzulösen.

Zieht jemand dagegen alle Register, um seine Ziele auf Kosten anderer zu verwirklichen, handelt es sich offensichtlich um Manipulation im zweiten Sinne. Eine Heiratsschwindlerin beispielweise tritt mit diesem Vorsatz an. Den Unterschied macht dabei aber nicht nur die „kriminelle“ Energie, sondern das billigende In-Kauf-Nehmen und die Gleichgültigkeit gegenüber den Folgen des eigenen Verhaltens für andere aus. Und diese Kombination treffen wir leider immer wieder auch in Alltagskommunikationen an.

Und wie können wir uns wirkungsvoll vor übergriffiger Manipulation schützen? Am besten mit kommunikativem Methoden-Know-how. Denn wer weiß, wie Kommunikation funktioniert, fördert nicht nur das eigene Selbstmanagement, sondern mobilisiert in Gesprächen die nötige Wachsamkeit.

Führungskräfte empfehlen das Führen mit Coaching-Methoden

6. Dezember 2022

Im Herbst ist die 2. Quadriga Coaching Studie 2022 mit dem Fokus Managerial Coaching erschienen. Sie untersucht auf der Basis von 3.153 Antworten aus deutschen Führungskräfte-Kreisen kleiner, mittlerer und großer Unternehmen, welchen Stellenwert das entwicklungsorientierte Führen mit Coaching-Methoden im bundesdeutschen Organisationsalltag besitzt. Die Quintessenz des Studienautors und Executive Directors am Institut für Coaching und Leadership (ICL) der Quadriga Hochschule, David Nitschke: „Der Einsatz von Coaching-Techniken in der Führung besitzt so viel Potenzial, dass wir es uns in Zukunft nicht mehr leisten können, diese Techniken und die dazugehörigen Haltungen im Rahmen der Führungskräfteentwicklung nicht zu trainieren und zu vermitteln.“

Dass selbst die Pandemie den Stellenwert des Personalentwicklungsinstruments Coaching nicht mindern konnte, haben bereits mehrere Studien gezeigt. Auch die Zahlen der Quadriga Coaching Studie 2022 verweisen darauf. Denn 38 Prozent der befragten Personaler unter den teilnehmenden Führungskräften nutzen ihrer Angabe nach Coaching durch interne und externe Partner stark. Aber weniger bekannt ist, dass auch die Führungskräfte ihre Mitarbeitenden immer häufiger coachen. 37 Prozent der befragten Führungskräfte geben an, Coaching gelegentlich einzusetzen, immerhin fünf Prozent sprechen von einer ständigen Nutzung.

Die vieldiskutierte Schwierigkeit, die Rolle der Führungskraft mit der auf Neutralität verpflichteten Rolle des professionellen Coachs zu vereinbaren, stellt sich für die meisten Führungskräfte nicht. 58 Prozent der Befragten sehen nur wenig oder gar kein Potenzial für einen Rollenkonflikt. Denn es geht ihnen vor allem um die Methoden, Techniken und inneren Haltungen, die sie vom Coaching übernehmen können. Fragen, Gesprächstechniken, Zielearbeit, Feedbackmethoden und Coaching-Methoden wie GROW sind dabei von besonders großer Bedeutung. Sie nutzen sie, um zum Beispiel Konflikte zu lösen, beim Erreichen von Zielen zu unterstützen und Entwicklungsimpulse zu setzen.

Nach Meinung der befragten Führungskräfte besteht kein Zweifel, dass das Führen mit Coaching-Methoden positive Effekte hat. Hervorgehoben wird insbesondere die Stärkung der Fähigkeit, selbstständig nach Lösungswegen zu suchen sowie die Mitarbeitermotivation zu stärken. Doch nicht alle befragten Führungskräfte stellen sich gleichermaßen entspannt der Aufgabe, coachend zu führen. Ein Grund dafür ist, dass wirkungsvolles Coaching entsprechendes Know-how voraussetzt.

Eine hervorragende Basis für den gewinnbringenden Einsatz von Coaching sind, so die Studie, gute Coaching-Ausbildungen oder unternehmensinterne Schulungen in Coaching-Methoden. Zu den methodischen Spitzenreitern zählen dabei Aus- und Weiterbildungen, die auf der Systemik, dem NLP und der Transaktionsanalyse beruhen. Fehlt eine entsprechende Vorbildung, fällt der coachende Führungsstil schwer und wird nur gelegentlich im Führungsalltag genutzt.

Die Natur als Coach

1. September 2022

Die Natur als Arbeitsraum? Das Handbuch für Coachs, (Mental-)Trainer und Therapeuten von Carsten Gans, Katja Dienemann, Anja Hume und Andé Lorino zeigt nicht nur eine große Vielfalt methodischer Möglichkeiten bei der Arbeit in der Natur auf. Es spiegelt auch, dass Natur-Coaching keiner Zielgruppen- und Themeneinschränkung unterliegt (wenn man Naturmuffel außer Acht lässt). Vom Einzel- bis zum Paar- oder auch Business-Coaching ist alles möglich. Doch was ist das Besondere am Natur-Coaching, das den damit verbundenen Aufwand für Klienten und Coachs rechtfertigen kann?

Zum einen berufen sich die Autoren auf die Herkunft des Menschen aus der Natur: Im Wald, auf Wiesen und Feldern, in den Bergen und an vielen anderen naturnahen Orten fällt es leichter, zu sich zu kommen, Stress abfallen zu lassen und sich mit frischem Blick den eigenen Themen zu stellen. Denn die Natur ist gewissermaßen unser eigentliches Zuhause. Zum anderen heben sie hervor, dass es beim Arbeitsraum Natur nicht nur um eine zusätzliche Atmosphäre geht, welche die der geschlossenen Räume ergänzt. Der Natur-Raum lebt und kann gewissermaßen die Rolle eines Co-Coachs einnehmen, während geschlossene Räume statisch bleiben.

Was es bedeutet, die Natur als Coach einzusetzen? Für Katja Dienemann heißt das, ihre Erfolgsprinzipien und Besonderheiten in die Gesprächsführung einzubeziehen und als Coach zu einer Brücke für eine andere Art der Naturwahrnehmung zu werden. Die Natur wird so für den Klienten zu einem Resonanzraum, „… der etwas in ihm zum schwingen bringt.“ Im Idealfall wirkt dann die Natur für sich selbst und vermittelt dem Klienten intuitiv eine neue Wahrnehmung und Perspektive. „Ich verstehe“, so eine Klientin. „Dieser Baum mit der abgebrochenen Krone erinnert mich an mich selbst: Er ist verletzt. Aber seine Äste treiben aus und entwickeln sich weiter.“

Die Natur ist Vorbild und Inspirationsquelle. Sie regt uns an, mit ihr in Resonanz zu gehen und durch Analogien zu lernen. Und sie kann noch mehr. Denn letztendlich gibt es keine bessere Lehrerin für systemisch-vernetzte Sichtweisen als die Natur: Sie lernt durch Feedback, ohne monokausal „Fehler-Etiketten“ zuzuweisen. Denn sie bewertet Ereignisse in einem größeren räumlichen sowie auch zeitlichen Rahmen. Sie ist flexibel, tolerant, anpassungsfähig und auf Kooperation bedacht. Alles hat in der Natur nicht nur seine Berechtigung, sondern auch seine Zeit.

Das Handbuch führt umfassend in die Arbeit in der Natur ein, klärt Wirkungen und informiert über Voraussetzungen. Auf der Basis des NLP, der Hypnose sowie der Aufstellungsarbeit bietet es eine Fülle guter Ideen. Der modulare Aufbau macht es möglich, ohne Informationsverlust einzelne Kapitel, z. B. das Coaching mit Gruppen und Teams, anzusteuern.

Zum Schluss noch ein Appell: Probieren geht auch beim Arbeitsraum Natur bekanntlich über Studieren!

Vorwärts- vor Rückwärts-Coaching?

19. August 2022

Vorwärts-Coaching? Rückwärts-Coaching? Was soll der Unterschied sein? Denn schließlich ist es immer der Auftrag von Coachs, Menschen beim Erreichen von (zukünftigen) Zielen zu begleiten. Doch noch immer haftet Coaching das Image einer Art Nachhilfe für Menschen an, die etwas nicht bewältigen oder ein „Performance-Defizit“ nicht alleine auflösen können.

Diese Art Coaching hat ihrem Verständnis nach eine korrigierende Funktion: Rückwärts-Coaching „repariert“, was nicht gut zu funktionieren scheint, und löst Abweichungen von Soll-Ideen auf. Im Gegensatz dazu ist Coaching im systemischen Sinne immer ein Vorwärts-Denken, ganz unabhängig vom Ausgangspunkt. Probleme, Konflikte, Missempfindungen oder vielleicht auch als Defizit wahrgenommene Aspekte sind lediglich Hinweisgeber für eine neu zu gestaltende Zukunft.

Im Vorwärts-Coaching geht es vor allem um Entwicklung und Gestaltung, ein Prozess, der gewissermaßen „anlasslos“ stattfinden kann, wenn der Wunsch danach im Raum steht. Denn Coaching ist und darf ein Spielraum für die kreative Erneuerung der Zukunft sein. Aber braucht es dafür tatsächlich einen Coach als Begleiter? Nicht unbedingt. Doch der Coach ist nicht nur frei von Interessen, die sich unmittelbar mit der Lebenswelt des Klienten verbinden. Er ist auch ein Experte für kreative Prozesse und kann den Finger auf Denkbarrieren und andere Hindernisse im Entwicklungsprozess legen.

Vorwärts-Coaching nimmt inzwischen auch in Unternehmen einen größeren Spielraum ein: Beispielsweise bekommen einige Führungskräfte gleich bei der Einführung in ihren neuen Job einen Coach zur Seite gestellt. Oder neu formierte Teams erhalten die Chance, in einem Team-Coaching zueinander zu finden. Auch in agilen Kontexten wird es immer selbstverständlicher, dass ein Coach Teamprozesse begleitet und proaktiv für eine gute Zusammenarbeit sorgt.

Dem Vorwärts-Coaching gehört die Zukunft. Denn angesichts der wachsenden Komplexität vieler Fragestellungen und Entscheidungen sowie der schnellen Veränderungen wird die individuelle Klarheit und der gute Zugriff auf die eigenen persönlichen Ressourcen immer wichtiger. Daten und Fakten allein helfen nicht mehr, Strategien gut zu begründen. Eine sorgfältig entwickelte Zukunftsvision, verbunden mit einer persönlichen Werte-Positionierung und einem sorgfältigen Öko-Check der zu erwartenden Auswirkungen, nimmt daher eine zentrale Steuerungsfunktion im Alltag ein.

Teamcoaching professionalisieren

7. Juli 2022

Aktuelle Marktdaten belegen, dass der Anteil der Team- und Gruppencoachings am Gesamt-Coachingmarkt beträchtlich zugenommen hat. Beinahe 37 Prozent aller Coachings finden inzwischen in Teams und Gruppen statt. Es ist daher an der Zeit, das Teamcoaching, das bislang auch in vielen Ausbildungen eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat, weiter zu professionalisieren. Svenja Hofert und Thorsten Visbal wollen in ihrem 2021 erschienenen Buch zeigen „wie Teams funktionieren und wann sie effektiv arbeiten„.

Das große Plus dieses Grundlagenwerks: Von Begriffsdefinitionen über die Diskussion von Wertehaltungen und Grundannahmen, von gruppendynamischen Phänomenen und Rollenklärungen bis zur Auflösung von Konflikten, vom Teamcoaching in Präsenz bis zur Remote-Arbeit führen die Autoren in alle Facetten des Teamcoachings ein. Klassische Modelle und Tools wie zum Beispiel die Teamuhr nach Tuckman werden ergänzt durch moderne Herangehensweisen, zum Beispiel agile Spiele.

Einzig und allein die Dichte der beschriebenen Methoden, zumeist in tabellarischer Form, dürfte für den Einsteiger in das Teamcoaching eher abschreckend als animierend sein. Denn die damit verbundene Abstraktheit erschwert es, in eine praktische Umsetzung zu gehen. Insofern ist das Buch eher ein Nachschlagewerk für Profis, die sich in kurzer Zeit in eine Thematik einarbeiten wollen.

Sehr hilfreich sind die systemischen Grundannahmen, die die Autoren formulieren: „Ich bin selbst die wichtigste Intervention“ verweist auf die Bedeutung, die der geschulten Rollenklarheit und der metaperspektischen Grundhaltung eines Teamcoachs zukommt. „Ohne Emotionen bewegt sich nichts“ spiegelt das Wissen darum, dass Veränderung nur mit neuronalem „Feuer“ gelingt. „Alles hat zwei Seiten“ klingt zunächst banal, fördert aber die geistige Flexibilität. „Nur Verhalten zählt“ hilft, hinter die Fassade der Bewertungen zu schauen.

Und nicht zuletzt die Annahme „Entwicklung vor Zufriedenheit“ schützt davor, vordergründige Lösungen zu finden. Die Beobachtung der Autoren: „Ist die Zeit … reif, dann führt der Weg zu einer neuen Erkenntnis fast immer über eine Irritation und selten über sofortiges lautes Hurra.“